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4.10 Schule, Berufsbildung und Sport

Schuldatenverordnung in Kraft

Auf Grundlage der Anfang 1993 ins Schulgesetz aufgenommenen Datenschutzregelungen wurde durch die Senatsverwaltung für Schule, Berufsbildung und Sport eine Schuldatenverordnung 162 erlassen. In die Verordnung sind die in der Vergangenheit gesammelten guten Erfahrungen der Ausführungsvorschriften über die Führung schriftlicher Unterlagen über Schüler (AV-Schülerunterlagen) eingeflossen. Unsere vielfältigen Hinweise, insbesondere zum praktikablen Umgang mit Schülerdaten im täglichen Schulleben, zu den Akten der Sozialpädagogen, zur Tätigkeit der Förderausschüsse und zur Schulstatistik wurden berücksichtigt. Die auf unsere Anregung zurückgehende Regelung, die es nunmehr erlaubt, auch Leistungsdaten von Schülern auf privaten Computern der Lehrer zu verarbeiten, wurde in den vergangenen Monaten von vielen Lehrern begrüßt. Um auch durch die Schüler und deren Eltern die notwendige Akzeptanz solcher Datenverarbeitungen zu erhalten, sind die Berliner Schulen gefordert, in nächster Zeit die noch ausstehenden Meldungen zum Berliner Dateienregister, insbesondere auch für die Verarbeitung auf privaten Computern, vorzunehmen.

Für einige sich aus der Schuldatenverordnung ergebenden praktischen Probleme sind künftig noch konkret ausgestaltete Verfahrensweisen festzulegen. Dies betrifft die von der Senatsverwaltung beabsichtigte und nach der Schuldatenverordnung zulässige Umgestaltung der Schulstatistik sowie auch die Verwendung personenbezogener Daten der Sozialpädagogen für Aufsichts- und Kontrollaufgaben.

Mit der vorliegenden Schuldatenverordnung dürfte der Prozeß der datenschutzrechtlichen Ausgestaltung des Berliner Schulwesens im wesentlichen abgeschlossen sein.

Datenschutz im Unterricht

Darf ein Lehrer vor der Klasse die Noten einzelner Schüler bekanntgeben? Ist das nicht ein Verstoß gegen den Datenschutz? Warum gibt der Lehrer bei der Rückgabe von Klassenarbeiten nicht die Noten der einzelnen Schüler bekannt? Sogar ein Notenspiegel wird von ihm als ein Verstoß gegen den Datenschutz angesehen.

Eingaben von Eltern mit solchen und ähnlichen Fragen erreichen uns immer wieder. Offenbar sind einige Lehrer unsicher, was bei der Gestaltung ihres Unterrichts zulässig ist und was nicht. Mit der Schuldatenverordnung lassen sich jedoch eine Reihe von datenschutzrechtlichen Problemen, die im praktischen Unterricht auftreten, nicht greifen.

Nach § 1 Schulgesetz ist es die Aufgabe der Schule, alle wertvollen Anlagen der Kinder und Jugendlichen zur vollen Entfaltung zu bringen und ihnen ein Höchstmaß an Urteilskraft, gründliches Wissen und Können zu vermitteln. In diesem Rahmen wurde durch § 10 Berliner Schulverfassungsgesetz den Lehrern die Aufgabe zugewiesen, die ihnen anvertrauten Schüler zu unterrichten und zu erziehen. Dabei beurteilen die Lehrer die Leistungen der Schüler gemäß ihrer fachlichen Ausbildung und in eigener Verantwortung im Rahmen der geltenden Vorschriften und Konferenzbeschlüsse. Somit hat die Schule nicht nur den Auftrag, Wissen zu vermitteln, sondern auch die Verpflichtung, pädagogisch auf die ihr anvertrauten Kinder und Jugendlichen einzuwirken und ihnen eine Einordnung der eigenen Leistung zu ermöglichen.

Seitenanfang Damit ist es durchaus zulässig, im Rahmen des Unterrichts die Noten aller Schüler vor der Klasse bekannt zu geben und mit Hilfe eines Notenspiegels die Eltern über die leistungsmäßige Einordnung ihrer Kinder zu informieren. Das Schulverfassungsgesetz gibt mit § 14 den Schulen jedoch die Möglichkeit, aufgrund von Beschlüssen der Gesamtkonferenz Regelungen zu treffen, die beispielsweise ein Verlesen der Noten oder auch einen Zensurenspiegel ausschließen. Nach dieser Rechtsvorschrift berät und beschließt die Gesamtkonferenz auch über die Grundsätze zur Sicherung einer einheitlichen Leistungsbeurteilung der Schüler. Schränkt die Gesamtkonferenz die Verantwortung der Lehrer nicht ein, so bleibt es dem pädagogischen Ermessen des jeweiligen Lehrers überlassen, Noten in dieser Weise oder anders den Schülern bekanntzugeben.

Zu beanstanden wäre hingegen das Vorgehen eines Lehrers, der bewußt nur die (schlechten) Noten einzelner Schüler verliest oder anderweitig Schülern bzw. Eltern mitteilt, um diese einzelnen Schüler vor den Mitschülern bloßzustellen. Die pädagogischen Freiräume des Lehrers enden dort, wo gezielt oder unbewußt Maßnahmen mit Prangerwirkung ergriffen werden.

Als datenschutzrechtlich nicht zulässig, da durch den Erziehungsauftrag von Schulgesetz und Schulverfassungsgesetz nicht gedeckt, sehen wir die Bekanntgabe der Noten aller oder einzelner Schüler anläßlich einer Elternversammlung an. Gleiches gilt, wenn den Eltern Listen mit Namen und Noten der Schüler übergeben werden.

Der Datenschutz im Unterricht hat auch noch eine weitergehende Dimension. Bereits früher 163 wiesen wir auf die Problematik bei Aufsätzen und Unterrichtsgesprächen hin. Nicht selten offenbaren die Kinder hier Informationen über ihre Familie und ihrer Lebensumstände, die sehr viel schutzwürdiges aus der Privatsphäre beinhalten. Hier sind die Lehrer gefordert, steuernd einzugreifen. In der konkreten Unterrichtsgestaltung hat der Lehrer den Widerspruch zwischen der einerseits von den Rahmenthemenplänen geforderten Entwicklung der Kommunikations- und Ausdrucksmöglichkeiten der Schüler und der auf der anderen Seite stehenden Verpflichtung zum Respektieren der Privatsphäre zu meistern. Daß sich hier Probleme mitunter nicht ausschließen lassen, ist offenkundig. Der Lehrer muß jedoch den Eltern die Gewähr dafür bieten, daß Informationen aus dem privaten Bereich, die durch ihre Kinder im Unterricht offenbart werden, von ihm mit hoher Sensibilität gegen eine Offenbarung an Dritte, also auch an andere Eltern, geschützt werden.

Leider, so mußten wir im vergangenen Jahr feststellen, bieten dem Anschein nach nicht alle für die Berliner Schulen zugelassenen Unterrichtsmittel die Gewähr dafür, daß keine weitgehenden Informationen aus dem Privatbereich der Familie in den Unterricht einfließen. Für bedenklich hielten wir insbesondere einen Fragebogen für den Englischunterricht. Es wurde nicht nur nach Name und Adresse des Schülers sowie für alle Schüler der Klasse nach Alter, Staatsangehörigkeit und Geschwisterzahl, sondern auch nach den Eltern, Frühstücksgewohnheiten, der Wohnungsausstattung und bestehenden Freundschaften gefragt. Hier wird der Grundsatz der Erforderlichkeit bei der Verarbeitung personenbezogener Daten im Unterricht deutlich überschritten.

4.11 Soziales

Berliner Automatisiertes Sozialhilfe-Interaktions-System (BASIS)

Über die Weiterentwicklung des Projekts BASIS zur Automationsunterstützung der Sachbearbeitung bei der Gewährung von Sozialhilfe und wirtschaftlicher Hilfe für Jugendliche und über die datenschutzrechtlichen Auseinandersetzungen um dieses Projekt haben wir in den letzten Jahren immer wieder berichtet. Das Projekt wurde mittlerweile zügig weiterentwickelt und in den ersten Bezirken erprobungshalber eingeführt.

Die Auseinandersetzung über die Rechtsgrundlagen für einen bezirksübergreifenden Datenabgleich zur Erkennung von mißbräuchlichen, weil mehrfach in verschiedenen Bezirken gestellten Sozialhilfeanträgen ist inzwischen durch eine Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) beendet worden 164. Damit wurde unserer Empfehlung gefolgt, die unbefriedigende Situation, die darin bestand, daß mit der Einfügung von § 117 in das BSHG zwar eine Rechtsgrundlage für den Datenabgleich zwischen Kommunen als Träger der Sozialhilfe geschaffen wurde, aber damit kein Datenaustausch zwischen den Bezirken begründet werden konnte, mit einer Änderung des Berliner Ausführungsgesetzes zu beenden. Nunmehr wurde festgelegt, daß § 117 Abs. 2 BSHG auch innerhalb des Landes Berlin für die Erhebung und Ermittlung der erforderlichen personenbezogenen Daten durch verschiedenene datenverarbeitende Stellen Anwendung findet, soweit diese an der Gewährung der Sozialhilfe beteiligt sind (§ 3 Gesetz zur Ausführung des Bundessozialhilfegesetzes). Dies setzt allerdings voraus, daß die Rechtsverordnung des Bundes zu § 117 BSHG zuvor erlassen wird.

Für die Planung und Umsetzung der technischen und organisatorischen Maßnahmen zum Datenschutz in den Bezirken hat die Projektgruppe BASIS eine "Checkliste Datenschutz und Datensicherheit" erarbeitet. Auf ihrer Grundlage sollen in den Bezirken Datenschutz- und Datensicherheitskonzepte entwickelt werden. Für das Bezirksamt Weißensee und für die Zentrale Sozialhilfestelle für Asylbewerber beim Landesamt für Zentrale Soziale Aufgaben wurden uns ausgefüllte Checklisten, die in Verbindung mit internen Regelungen das Datenschutz- und Datensicherheitskonzept bilden, vorgelegt.

Die Checklisten bilden ein geeignetes Instrument, um Sicherheitskonzepte für den Einsatz von BASIS zu entwickeln. Im Detail war jedoch einzuwenden, daß

- Maßnahmen zur Kontrolle der Systemverwaltung noch nicht berücksichtigt waren, obwohl die Befugnisfülle eines UNIX-Systemverwalters zu den wichtigsten Risikopotentialen solcher Systeme gehören;

- dem Einsatz diskettenloser Arbeitsplatzrechner nur eine geringe Priorität eingeräumt wurde;

- die Datenträgerkontrolle noch nicht detailliert geregelt war;

- die Regelungen für den Paßwortwechsel noch nicht präzisiert worden waren.

Weitere Empfehlungen betrafen die Zugangskontrolle bei den Akten und für den Serverraum und den Zugriff auf die Protokolldateien.

Die Projektgruppe BASIS der Senatsverwaltung für Soziales kündigte an, da Sicherheitsrisiko bei der Systemverwaltung nach den Vorgaben des Datenschutzkonzeptes für das Automatisierte Haushaltswesen beherrschbar zu machen 165. Zu den übrigen Punkten wurde auf ein zu entwickelndes verfahrensübergreifenden Gesamtkonzept verwiesen, das vom Landesamt für Informationstechnik vorbereitet würde.

Wir hatten schon sehr frühzeitig gefordert, daß die Verarbeitung von Echtdaten in den Bezirken erst erfolgen sollte, wenn ein bezirksspezifisches Datenschutz- und Datensicherheitskonzept erarbeitet und umgesetzt wurde. In der Zwischenzeit wurde in verschiedenen Bezirken mit unterschiedlicher Intensität mit der Echtverarbeitung begonnen, ohne daß Datenschutz- und Datensicherheitskonzepte vorlagen.

Wir haben dies zum Anlaß genommen, in einem Bezirksamt eine erste datenschutzrechtliche Kontrolle durchzuführen, um ein Bild über das Datenschutzniveau bei der BASIS-Erprobung zu gewinnen, die noch vorhandenen Probleme zu erfassen und einen Anstoß zu geben, sich den Problemen des Datenschutzes und der informationstechnischen Sicherheit auch in den bezirklichen Projektgruppen zu stellen.

In dem Bezirksamt erfolgte bisher noch keine Direktverarbeitung bei der Sozialhilfeantragstellung, sondern erst die Erfassung der Altfälle, um den Umgang mit dem System zu erproben. Infolgedessen mußte ein Konzept noch nicht vorliegen, das auch die direkte Antragsbearbeitung betraf. Die Fertigstellung des Datenschutz- und Datensicherheitskonzeptes war für Ende 1994 vorgesehen.

Unter diesen Umständen erwartungsgemäß, trafen wir auf diverse Provisorien, die auf Dauer nicht akzeptierbar wären. So existierte noch kein gewidmeter Serverraum. Wenigstens war der Server aber in der ebenfalls zugangsgeschützten Telefonzentrale untergebracht.

Die Arbeitsplatzrechner sind mit Diskettenlaufwerken ausgestattet, weil bei der Ausschreibung noch nicht daran gedacht wurde, Systeme ohne Laufwerke zu beschaffen. Allerdings waren die Laufwerke durch programmtechnische Maßnahmen deaktiviert. Ob diese Maßnahme ausreichend wirksam ist, ist noch ungeklärt und bleibt einer weiteren Untersuchung vorbehalten.

Zur angesprochenen Problematik der Systemverwalterkontrolle beim UNIX-Server standen noch keine Lösungen zur Verfügung. Das auch von der Projektgruppe BASIS angestrebte Sicherheitsniveau entsprechend der Kategorie C2 der amerikanischen Sicherheitskriterien (Orange Book) wurde mit der derzeit eingesetzten Betriebssystemversion noch nicht erreicht.

Sozialdaten und Strafverfolgung

Die datenschutzrechtlichen Bestimmungen des SGB X sind mit erheblicher Verzögerung an das BDSG 1990 angepaßt worden 166. Dabei wurden auch inhaltliche Änderungen vorgenommen, zu denen eine Lockerung der strengen Vorschriften über die Übermittlung von Sozialdaten für Zwecke der Strafverfolgung gehören.

Ein Mitarbeiter eines Sozialamtes fragte, ob auf die Anfrage der Polizei Angaben über den Leistungsbezug von Vietnamesen übermittelt werden dürfen, die namentlich aufgelistet waren und unter dem Verdacht des Schwarzhandels standen. Die Vietnamesen hatten hohe Geldbeträge ins Ausland überwiesen; die Polizei wollte insbesondere wissen, ob diese Beträge als Einkommen angegeben worden waren.

Nach § 73 SGB X in der Form der Neufassung vom 13.6.1994 wäre aufgrund einer richterlichen Anordnung die Übermittlung der erforderlichen Sozialdaten wegen der "erheblichen Bedeutung" der Straftaten möglich gewesen. Die richterliche Anordnung fehlte jedoch, so daß die Übermittlung aufgrund dieser Vorschrift nicht in Frage kam.

Folgende rechtliche Überlegungen sind jedoch anzustellen: Die Übermittlung der Namensliste durch die Polizei an das Sozialamt war im Wege der Ermittlungstätigkeit der Polizei zulässig. Das Sozialamt konnte daraufhin bei den genannten Personen überprüfen, ob die gezahlten Sozialleistungen zu Recht erfolgt waren und ob die Vermögensverhältnisse zutreffend angegeben waren. Bei denjenigen Personen, bei denen Ungereimtheiten und unwahre Angaben festgestellt wurden, war das Amt befugt, von Amts wegen ein Ermittlungsverfahren einzuleiten. In diesem Fall enthält § 69 Abs. 1 Satz 2 SGB X auch eine Offenbarungsbefugnis, soweit die Übermittlung der Daten zur Durchführung eines mit der Erfüllung einer Aufgabe nach dem Sozialgesetzbuch zusammenhängenden Strafverfahrens erforderlich ist. Das Amt konnte nach eigenem Ermessen in dem Zusammenhang auch eine Strafanzeige wegen Unterstützungsbetruges stellen und dabei die von der Polizei erwünschten Angaben machen. Im Unterschied zu den Rechtswirkungen des § 73 steht bei § 69 SGB X die Datenermittlung und Datenübermittlung im Ermessen des Sozialamtes, wogegen bei der Erfüllung der richterlichen Anordnung nach § 73 dem Sozialamt kein Ermessen zusteht. Vielmehr muß es sich der richterlichen Anordnung fügen, soweit nicht prozeßrechtlich im Wege der Beschwerde Schritte unternommen werden können.

Die Problematik der Neufassung des § 73 SGB X zeigt folgender

Fall:

Aus einem Bezirksamt wurde berichtet, daß in einem Beschluß des Amtsgerichts Tiergarten angeordnet wurde, die Diensträume zu durchsuchen und etwaige Beweismittel wegen eines zur Anzeige gebrachten sexuellen Mißbrauchs zu beschlagnahmen.

Von den Mitarbeitern der Jugendverwaltung wird zurecht darauf hingewiesen, daß das Vertrauensverhältnis zwischen den Jugendämtern und den Klienten dadurch gestört werden könnte, daß nach dem neuen Recht die klare Unterscheidung zwischen Verbrechen und Vergehen aufgehoben wurde. Minderschwere Fälle des Mißbrauchs oder der Mißhandlung, die früher als Vergehen und Antragsdelikt dem strafrechtlichen Zugriff aus familienfürsorglichen Gründen entzogen werden konnten, unterliegen nunmehr durch den erweiterten Begriff der Straftat von "erheblicher Bedeutung" der Ermessensentscheidung des erkennenden Gerichtes. Die moderne Jugendarbeit ist gerade in Berlin auf ausgleichende Konfliktstrategien ausgerichtet mit dem Ziel, im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten der Hilfe für das Kind Vorrang einzuräumen vor dem staatlichen Strafverfolgungsanspruch. Die Veränderung der Rechtslage verschiebt den dafür zur Verfügung stehenden Spielraum zuungunsten der sozialpädagogischen Lösungen.

Gescheitert ist der Versuch, auch die Amtshilfevorschrift des § 68 SGB X aufzuweichen 167.

Kein Schutz für falsche Angaben

Aus der Bevölkerung der östlichen Bezirke erreichten uns wiederholt Anfragen über die Zulässigkeit und den Umfang der Vermögensermittlung durch Vorlage von Sparbüchern und Kontoauszügen. In einer größeren Aktion haben wir überprüft, inwieweit bei den Bezirksämtern die Vorlage von Sparbüchern im sozialen Leistungsverfahren (wirtschaftliche Hilfen) verlangt wird. Das Verfahren wird in allen Bezirksämtern im wesentlichen gleich gehandhabt.

Ein Grund zur Beanstandung hat es dabei nicht gegeben.

Es ist jedoch angebracht, nochmals darauf hinzuweisen, daß die Entscheidung, die Vorlage von Beweisurkunden zu verlangen, in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung stehen muß (vgl. §§ 60 Abs. 1 Nr. 3, 65 Abs. 1 Nr. 1 SGB I). Dies ist nicht der Fall, wenn beispielsweise bei der Gewährung von laufenden Leistungen die monatliche Vorlage der Beweisunterlagen verlangt wird. Die Leistungsempfänger sollten darüber informiert werden, daß und welche gesetzlichen Regelungen greifen, um die Vermögenslage effizient zu überprüfen (z.B. § 117 BSHG und §§ 20, 21 SGB X). Hierdurch könnte den Antragstellern bewußt gemacht werden, welche Risiken sie eingehen, wenn sie unwahre Tatsachen vortragen. Dadurch wird das Verfahren für die Betroffenen berechenbarer und eine unnötige Kriminalisierung durch Fahrlässigkeit und Nachlässigkeit der betroffenen Antragsteller verhindert.

Ein Antragsteller auf Wohngeld machte zu den von ihm geleisteten Unterhaltszahlungen falsche Angaben. Er hatte nicht berücksichtigt, daß die geschiedene Ehefrau und ihre Kinder beim gleichen Amt zu versorgen waren und daß deswegen durch die gleiche Sachbearbeiterin die beiderseitigen Angaben verglichen werden konnten. Die Unterschrift für die angeblich geleisteten Unterhaltszahlungen war vom Antragsteller gefälscht, was durch einen Schriftvergleich von der Sachbearbeiterin ohne weiteres festgestellt werden konnte.

Auch hier gehörte die Verhinderung des Unterstützungsbetruges zu den Aufgaben des Amtes; die Verwendung und der Abgleich der Daten waren daher zulässig.

4.12 Stadtentwicklung und Umweltschutz

Neue Gesetze

Mitte 1994 wurde das Umweltinformationsgesetz 168 des Bundes verabschiedet. Damit entsprach der Bundesgesetzgeber seiner Pflicht, die EU-Richtlinie über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt in deutsches Recht umzusetzen. In diesem Gesetz wurden erstmals im Bundesrecht Informationsfreiheitsrechte der Bürger und Datenschutzansprüche zueinander ins Verhältnis gesetzt und ein Abwägungsprozedere gefunden. Zwar werden in diesem Gesetz die Ansprüche eines jeden auf freien Zugang zu Informationen über die Umwelt, die bei einer öffentlichen Stelle vorliegen gewährleistet, sie unterliegen jedoch auch erheblichen Beschränkungen.

Informationen über die Umwelt, die personenbezogene Daten darstellen, dürfen dann offenbart werden, wenn dadurch schutzwürdige Interessen der Betroffenen nicht beeinträchtigt werden. Bei Informationen, die als Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse gekennzeichnet sind oder der Behörde vor dem 1.1.1993 zugegangen sind, ist der Betroffene vor der Offenbarung anzuhören. Entsprechend wurde auch die Gewerbeordnung geändert. Auch wenn nach Inkrafttreten des Gesetzes der von einigen befürchtete Ansturm von Informationsbegehrenden auf die Umweltbehörden offenbar ausblieb, scheint sich dieses Gesetz aus datenschutzrechtlicher Sicht in der Praxis jedoch zu bewähren. So bestand beispielsweise für die Erarbeitung eines Branchenkonzepts für einen bestimmten Industriebereich die Möglichkeit, Namen und Anschriften von Betrieben, Beschäftigte nach Größengruppen und Tätigkeitsfelder der Unternehmen zu übermitteln.

Inwieweit die von uns im Jahresbericht 1993 kritisierten und im Umweltinformationsgesetz nach wie vor vorhandenen Regelungsdefizite zum Tragen kommen, wird die Zukunft zeigen.

Der Berliner Gesetzgeber verabschiedete im Oktober das in den vergangenen Jahren schon mehrfach von uns angemahnte Gesetz über die Datenverarbeitung für Zwecke der räumlichen Stadtentwicklung, Stadt- und Regionalplanung und bodenwirtschaftliche Aufgaben (Stadtplanungsdatenverarbeitungsgesetz) 169. Dieses Gesetz erlaubt eine normenklare Verarbeitung auch personenbezogener Daten für die mit Stadtplanungsaufgaben betrauten Behörden. Die Datenkataloge sind klar voneinander abgegrenzt und Daten, die einen unmittelbaren Personenbezug erlauben, sind besonders geschützten Teilen der Dateien zugeordnet. Es bleibt abzuwarten, wie die Berliner Verwaltungen die Möglichkeiten, die der Gesetzgeber für automatisierte Abrufverfahren erlaubt, künftig für eine effektive Vernetzung nutzt. Daten, die nicht bereits nach vorangehenden Vorschriften gespeichert wurden, werden beim Betroffenen mit seiner Kenntnis erhoben. Eine Auskunftspflicht, die wir für einen unverhältnismäßigen Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht hielten, wurde in das Gesetz nicht aufgenommen.

Auch die Verordnung über die Verarbeitung von personenbezogenen Daten im Zusammenhang mit nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen 170 ist zwischenzeitlich erlassen worden. Damit wird den Bezirksämtern auch für bereits erhobenen Daten eine rechtliche Grundlage gegeben und die Datenübermittlung an die Umweltverwaltung zur Erstellung des Emissionskatasters ist zulässig.

Auch 1994 wurde noch kein Entwurf eines Bodenschutzgesetzes ins Abgeordnetenhaus eingebracht. Überfällig ist des weiteren die vorbereitete 8. Änderung der Wassergesetze sowie des Gesetzes über Maßnahmen der Gewässeraufsicht und -überwachung. Beide Gesetzesvorhaben wurden bereits im Jahresbericht 1993 angemahnt.

Auftragsdatenverarbeitung beim FNP

Im Zusammenhang mit der Erarbeitung des ersten Gesamtberliner Flächennutzungsplanes stand die Aufgabe, zehntausende von Vorschlägen der Bürger zu prüfen. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz beauftragte eine private Firma, die technische Seite der Datenverarbeitung durchzuführen.

In einem Zeitraum des massenhaften Eingangs derartiger Einwendungen prüften wir vor Ort den Umgang mit diesen Daten und stellten keine gravierenden Mängel fest. Als wir im Nachgang allerdings die vertragliche Grundlage dieser Datenverarbeitung im Auftrag überprüften, traten Mängel zutage. Es existierte kein den Anforderungen des § 3 BlnDSG entsprechender Vertrag. Es war lediglich ein Auftragsformular vorhanden, in dem als einzige datenschutzrechtliche Regelung der Auftragnehmer verpflichtet wurde, über alle ihm und seinen Mitarbeitern bekanntgewordenen Angelegenheiten Stillschweigen zu bewahren. Es fehlte eine Verpflichtung des Auftragnehmers, die Vorschriften des Berliner Datenschutzgesetzes zu befolgen und sich der Kontrolle des Berliner Datenschutzbeauftragten zu unterwerfen.

Lärm und Datenschutz

Wird ein Bürger in seiner Nachtruhe durch Lärm massiv gestört, so greift er mitunter zum Telefon und bittet die Polizei, die Ruhe wieder herzustellen. Auch dies ist eine Aufgabe der Polizei zur Gefahrenabwehr im Wege ihrer Eilzuständigkeit. Die sachliche Zuständigkeit liegt hingegen beim jeweiligen Bezirksamt (Amt für Gesundheit und Umweltschutz). Nachdem die Polizei tätig geworden ist, übergibt sie das Verfahren dem jeweiligen Umweltamt. Damit ist das polizeiliche Verfahren abgeschlossen.

In der Vergangenheit hatte sich die Praxis herausgebildet, der Polizei eine Rückmeldung über den Abschluß des Ordnungswidrigkeitsverfahrens, insbesondere in der Form der Durchschrift von Bußgeldbescheiden, zu übersenden. Dies ist nicht erforderlich. Eine einfache Rückmeldung "Verfahren abgeschlossen" durch die Bezirksämter wäre völlig ausreichend, damit die Polizei den bei ihr angelegten Vorgang vernichten kann. Da für die bisherige Praxis keine Rechtsgrundlage erkennbar war, wurde sie zwischenzeitlich eingestellt. In ähnlicher Weise wurden bislang erteilte Ausnahmegenehmigungen nach der Lärmverordnung ohne Einwilligung der Betroffenen pauschal der Polizei übermittelt. Auch hier wurde eine Änderung erwirkt: im Rahmen der Anhörung wird der Antragsteller darauf hingewiesen, daß dem Polizeipräsidenten die Ausnahmegenehmigung übermittelt wird, wenn der Betroffene nicht widerspricht.

4.13 Verkehr und Betriebe

Verkehr ...

Die Bundesregierung hat den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Fahrlehrergesetzes und anderer Gesetze vorgelegt 171. Bei der Vorlage handelte es sich um den ersten Teil des Referentenentwurfes eines Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze, über den wir in unserem Jahresbericht 1993 172 berichtet hatten. Die Umsetzung des damaligen Referentenentwurfes soll jetzt in zwei Abschnitten erfolgen. Es ist vorgesehen, in der ersten Stufe das Fahrlehrerrecht zu ändern. In der zweiten Stufe soll dann die Novellierung der Führerscheinregelung, einschließlich der Einführung eines Zentralen Fahrerlaubnisregisters, die Novellierung der Vorschriften über das Verkehrszentralregister und das Punktesystem erfolgen.

Der von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf enthält auch Änderungen des Straßenverkehrsgesetzes. So ist die Erhebung von Gebühren für Auskünfte aus dem Verkehrszentralregister vorgesehen, auch wenn ein Bürger Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten Daten verlangt. Damit wird von dem Grundsatz der Gebührenfreiheit für Auskünfte über eigene Daten, wie sie § 19 Abs. 7 BDSG vorschreibt, abgewichen. Es ist nicht abzeptabel, daß die Wahrnehmung des aus dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung folgenden Auskunftsanspruch 173 von der Zahlung einer Gebühr abhängig gemacht wird.

Abzuwarten bleibt, wann die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Zentralen Fahrerlaubnisregisters vorlegt.

Die Senatsverwaltung für Verkehr und Betriebe schloß einen Gestattungsvertrag mit der Münchener Co-Pilot GmbH & Co. KG für ein elektronisches Verkehrsleit- und Informationssystem ab, mit dessen Hilfe der Autofahrer staufrei sein Ziel erreichen soll.

Dafür werden an ca. 500 Stellen - verteilt über das gesamte Stadtgebiet und am Autobahnring - sogenannte Baken installiert. Das bakengestützte Leitsystem verfügt über ein eigenständiges Rechnersystem, das nicht mit dem Berliner Verkehrszentralrechner vernetzt ist. Allerdings ist vorgesehen, Mittelwerte von Verkehrsdaten, die bei den Gebietsrechnern für Lichtsignalanlagen anfallen, in das System einzuspeisen und dort für Leitempfehlungen zu nutzen.

Eine Fahrt mit dem Verkehrsleitsystem beginnt mit der Eingabe eines Zieles. Das individuelle Leiten setzt beim Passieren der ersten im Straßennetz vorhandenen Bake ein. Im Fahrzeuggerät wird eine neue, zufällige und temporäre Identifikation erzeugt, mit deren Hilfe eine Verknüpfung aller Einzelnachrichten ("Telegramme") dieses Fahrzeuges für die aktuelle Fahrt im Leitrechner ermöglicht werden soll. Diese Identifikation bleibt bis zum Ende der jeweiligen Fahrt gültig und unverändert. Nach Beendigung der Fahrt sind die während der Fahrt empfangenen Telegramme einem bestimmten Fahrzeug nicht mehr zuzuordnen. Die Kennzahl für die Identifikation wird mittels einen Zufallsgenerators ermittelt. Sobald ein neues Fahrziel im Bordgerät des Fahrzeuges eingegeben wird, erfolgt ein neuer Start des Zufallsgenerators. Die Fahrt erfolgt dann unter einer neuen, zufallsbedingten Kennzahl. Der Benutzer kann das System jederzeit vor, während oder nach der Fahrt ein- oder ausschalten.

Das System ist schon einmal in einer Testphase Ende der 80er Jahre erprobt worden. Die Testphase war damals mit uns abgestimmt worden. Gegen die jetzt gewählte Konzeption haben wir keine datenschutzrechtlichen Bedenken.

... und Betriebe

Am 17.6.1993 war das Eigenbetriebsreformgesetz verabschiedet worden. Damit sind ab 1.1.1994 die bisherigen Eigenbetriebe BEHALA, BSR, BVG und BWB in rechtlich selbständige, landesunmittelbare Anstalten öffentlichen Rechts umgewandelt worden. Nach § 19 Abs. 1 Berliner Betriebegesetz dürfen diese Anstalten personenbezogene Daten verarbeiten, soweit dies für die Erfüllung ihrer satzungsgemäßen Aufgaben sowie zur Verfolgung ihrer und zur Abwehr fremder Forderungen erforderlich ist. Nach Absatz 2 sollte dabei Näheres durch Rechtsverordnung geregelt werden. Diese Rechtsverordnung ist am 30.6.1994 in Kraft getreten.

Von besonderem Interesse sind die Vorschriften für die Vorschriften für die BVG. Danach darf die BVG folgende personenbezogene Daten von Fahrgästen, die ohne gültigen Fahrausweis angetroffen werden, verarbeiten: Name, Geburtsdatum und -Ort, Geschlecht, Anschrift, Name und Anschrift gesetzlicher Vertreter, Zeit, Ort und sonstige für die Rechtsverfolgung erhebliche Umstände des Vorfalls. Darüber hinaus ist die BVG berechtigt, diese Daten zur Wahrnehmung ihrer Rechte an Dritte, insbesondere an die Strafverfolgungsbehörden und an Inkassofirmen weiterzugeben. Die Daten werden spätestens zwei Jahre nach dem letzten Vorfall gelöscht.

Mehrere Petenten verfügten über einen gültigen Fahrausweis, konnten diesen jedoch bei der Kontrolle nicht vollständig vorlegen. So wurde zum Beispiel eine Schülerin, die zwar im Besitz einer gültigen Schülermonatskarte war, jedoch den Schülerausweis vergessen hatte erfaßt, da nach III Ziffer 3 der Tarifbestimmungen der BVG i.V.m. § 8 Abs. 3 der gemeinsamen Beförderungsbedingungen der Verkehrsgemeinschaft Berlin-Brandenburg (VBB) nur bei Vorlage beider Legitimationspapiere ein gültiger Fahrausweis vorliegt.

In einem anderen Fall war auf einer Seniorenkarte das Gültigkeitsdatum aufgrund eines Mitverschuldens der BVG nicht lesbar. Die personenbezogenen Daten des Petenten wurden dennoch gespeichert, da auch hier gem. IV der Tarifbestimmungen i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 1 bzw. 3 der Fahrausweis nicht anerkannt wurde, obwohl sich der Petent anhand der beigebrachten Unterlagen als rechtmäßiger Inhaber des Fahrausweises legitimieren konnte.

Dieses Vorgehen der BVG verstieß gegen die Bestimmungen des Berliner Datenschutzgesetzes. Zwar findet sich eine Befugnisnorm in § 19 Abs. 1 Berliner Betriebegesetz i.V.m. der genannten Rechtsverordnung, nicht dagegen eine Legaldefinition, wann ein gültiger Fahrausweis vorliegt. Diese Klarstellung findet sich erst in den Tarifbestimmungen der BVG, die jedoch keine Gesetzesqualität genießen.

Tarifbestimmungen die eine Speicherung der Daten von Fahrgästen zulassen, obwohl sich diese nachweisbar im Besitz eines gültigen, nicht übertragbaren Fahrausweises befinden, den Berechtigungsnachweis für einen vorgezeigten Fahrschein nicht nachweisen können, dies aber fristgemäß nachholen, sind rechtswidrig: Es mangelt an der Erforderlichkeit der Datenspeicherung die eine zwingende Voraussetzung für jegliche Art der Datenverarbeitung darstellt.

Die BVG wird aufgrund unserer Intervention diese und ähnlich gelagerten Fälle zukünftig nicht mehr speichern und die Daten der diesem Zusammenhang erfaßten Personen aus dem Speicher löschen.

Zuletzt geΣndert:
am 08.02.97

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